Zum Thema Urteilskraft und Objektivität habe ich Kandidaten in einem Entwicklungsassessment gefragt, welche ihre Vorurteile sind… nach einer längeren Pause kam von allen die gleiche Antwort: «ich habe gar keine Vorurteile».

Unser Gehirn verarbeitet und vereinfacht Informationen ständig, um uns den Entscheidungsprozess zu vereinfachen. Dies führt zu Kategorisierungen von Eigenschaften in einer Gruppe von Menschen, um uns zu helfen, unsere Umgebung effizienter einzuschätzen. Stereotype können positiv wie negativ sein. Vorurteile entstehen jedoch, wenn Stereotype mit Emotionen verbunden werden, was letztendlich unser Einschätzungsvermögen und unser Verhalten beeinflusst. Wenn man Menschen unter die Lupe nimmt, ohne die eigenen Vorurteile zu kennen, spielen diese eine negative Filterrolle, welche zur Diskriminierung führen kann.

Alle Menschen sind Stereotypen und Vorurteilen ausgesetzt. Die Frage ist eher, ob wir uns dessen bewusst sind und wie wir damit im Alltag umgehen (neue Begegnungen, im Entscheidungsverfahren, bei Auseinandersetzungen usw.).

Die heutige Lage zeigt wie nie zuvor wie wichtig es ist, fair und objektiv mit anderen zu interagieren. Dies ist jedoch nur möglich, wenn man offen reflektiert und die eigenen Stereotype/Vorurteile systematisch hinterfragt. Klar ist dies unangenehm, bedeutet es doch, in den Spiegel schauen zu müssen und Selbstkritik auszuüben.

Im Firmenkontext kann man sich nicht nur auf die Selbstdisziplin der einzelnen Mitarbeitenden verlassen. Gefragt sind konkrete Massnahmen, um objektive Verfahren zu sichern und um möglichst vorurteilfrei handeln zu können. So sind z.B. klare Richtlinien und Rekrutierungsprozesse, offene Feedbackkultur, Förderung der eigenen Selbstkritik usw. hilfreiche Mittel, um positive Rahmenbedingungen zu gestalten.

Als im Assessmentverfahren mit den Kandidaten darüber reflektiert wurde, konnten diese viele Beispiele schildern und haben die Selbstkritik gut gemeistert. Dies bestätigte mir die Wichtigkeit,  sowohl als HR- wie auch als Management-Bezugsperson mit gutem Beispiel voran zu gehen und über die eigenen Stereotype/Vorurteile offen zu kommunizieren. Bei der Rekrutierung ist das 4-Augen-Prinzip (am besten mit zwei sehr unterschiedlichen Personen) hilfreich, sowie die systematische Trennung zwischen Beobachtungs- und Auswertungsphase.

  • Was sind Ihre Stereotype/Vorurteile? Wie besprechen Sie diese mit Ihren Mitarbeitenden?
  • Wie wird das Thema in Ihrer Firma angegangen?
  • Welche Massnahmen zur Förderung einer Kultur der Selbstkritik haben Sie eingeführt?

Möchten Sie dieses Thema in Ihrer Firma auf eine konstruktive Art ansprechen? Wir unterstützen Sie gerne dabei: info@huwiler-hrd.ch